Am 24.11.2021 um 18:00 Uhr fand in unserer Epiphaniaskirche eine Gemeindeversammlung statt, an der man sowohl in Präsenz als auch per Zoom-Videokonferenz teilnehmen konnte. Es ging um den Kirchneubau - wie soll unsere neue Kirche aussehen? Mit dabei waren unser Architekt, Herr Gatz aus Bamberg, und Herr Arndt vom Landeskirchenamt.
Es folgen Ausschnitte aus dem Sitzungsprotokoll.
Pfrin. Memminger begrüßt alle Teilnehmer und weist darauf hin, dass es sich um eine hybride Videokonferenz handelt und nur angemeldete Teilnehmer zugelassen sind. Sie führt einen Sakralbau als „Haus voller Liebe“ ein, in dem jeder willkommen ist und die Liebe Gottes spürbar ist. Andere Aussagen zu diesem Thema lauten: "Das Allerheiligste muss man spüren" und "Es soll kein Schuppen sein, sondern eine Kirche".
Herr Arndt hat etwa 20 Bilder zum Thema „Gottesdienstraum“ zusammengestellt. Er bittet das Publikum, zu jedem Bild jeweils mit „gut“, „neutral“ oder „schlecht“ abzustimmen.
Die „Gewinner“ sind je ein Entwurf von Herrn Gatz (St. Matthäus, Buttenheim) und Herrn Arndt (Christuskirche, Bamberg). Den dritten Platz belegt ein Entwurf mit „viel Holz“. Alle weiteren Entwürfe folgen mit sehr deutlichem Abstand.
Herr Arndt betont, dass es sehr viele unterschiedliche Vorstellungen von einem Kirchenraum gibt. Er erläutert eine Unterteilung der Bevölkerung in wenige Kategorien:
- Sinnsucher sind häufig Architekten und lieben moderne Architektur
- Spaßsucher sind häufig Jüngere, die gute Stimmung und ergreifende Kulisse im Gottesdienst mögen (beispielsweise „Pfingstgottesdienste“)
- Ältere Spaßsucher (ab ca. 40 Jahre) suchen häufig Schutz und Geborgenheit, beispielsweise über Engel, schöne Bilder, Verzierungen (Kitsch im positiven Sinne)
Herr Gatz stellt eine weitere Kategorisierung vor:
Regression – sich selbst auf seine Beziehung zu Gott zurückwerfen lassen
Impression – den Raum wirken lassen
Expression – sich ausdrücken
Alle Kategorisierungen sind Hilfsmittel, die die Annäherung an das Thema „was ist ein Sakralraum?“ erleichtern. Zitat: Gott ist ohne Raum, Gott braucht keinen Raum. Wir Menschen brauchen Räume, in denen wir Gott finden können.
„Gott ist ohne Raum“ sollten wir mitnehmen in unsere Planungen. Es sollte für jeden etwas dabei sein, ohne ein „Kolonialwarenladen“ zu werden. Jeder sollte sich in dem Raum auf seine Weise finden können.
Herr Gatz wünscht sich einen Raum, in dem sich ganz viele Gemeindemitglieder wiederfinden. Er berichtet von einem Kunstprojekt in einer kleinen Kirche in Bamberg: ein Künstler, der 8 Glasfenster binnen 8 Jahren einbaut, Abschluss im Jahr 2022. Der Künstler hat noch nie gesagt, was er mit diesem Projekt will und was er in den Fenstern dargestellt hat. Er möchte, dass jeder sich in den Fenstern wiederfindet – auf seine Weise.
Herr Gatz liest zum Begriff Fremdheit vor: „Der Raum, der entstehen soll, ist nicht das Wohnzimmer und nicht der Alltag. Der heilige Raum ist der fremde Raum – nur in der Fremde kann ich mich erkennen. Der Raum erbaut mich, insofern er anders ist als der Raum, in dem ich wohne, arbeite und esse. […] Ich kann mich nicht erkennen in Räumen, die durch mich geprägt sind […] Der fremde Raum ruft mir zu: Halt, unterbrich Dich! Befreie Dich von Deinen Wiederholungen! Er bietet mir eine Andersheit, die mich heilt – gerade, weil sie mich nicht wiederholt. Kirchen heilen, insofern sie nicht sind wie wir selber.“ (aus einem Heft zur evangelischen Synode)
Ein Raum wird durch die Handlungen, die dort durchgeführt werden, zum Sakralraum. Frage an die Gemeinde: Was wäre mir wichtig? Welche Kategorie bin ich? Eher Sinnsucher, Schutzsucher oder Spaßsucher?
Pfrin. Memminger gibt die Wünsche der Konfis wieder: Wenn man reinkommt, soll man das Taufbecken sehen. Ich bin getauft, ich gehöre dazu. Schöne Fenster mit leuchtenden Gläsern, durch die die Sonne scheint. Der Kirchturm soll bei der Kirche sein. Auf Nachfrage nach einem Cola-Automaten stellten die Konfis fest, dass es so etwas eigentlich nicht braucht. Das Wort Gottes zu finden ist wichtig, Jesus begegnen können.
Pfrin. Memminger selbst findet sich eher bei den Sinnsuchern, braucht keine Wohnzimmerkirche, mag aber Geborgenheit. Man kann sich auch überraschen lassen.
N.G. war lange Spaßsucher und ist jetzt altersbedingt Schutzsucher. Er ist von dem Spagat zwischen Spaß und Geborgenheit als richtigem Weg überzeugt. Multifunktionalität ist wichtig.
J.S. fühlt sich auch vom Spagat von Sinn, Geborgenheit und Spaß angesprochen. Beide Bilder auf Platz 1 hatten das helle, schöne und hölzerne – dies spricht ihn an. Herausschauen zu können lenkt ab, Glasfenster sind eine schöne Idee.
U.S. schließt sich den beiden an. Die neue Kirche muss praktisch sein. Der Fußboden muss unempfindlich sein. Der aktuelle Raum ist optimal, weil man im abgetrennten Altarraum zu Besinnung kommen kann und im restlichen Raum unbeschwert spielen – wie zum Kindertag am Buß- und Bettag.
Herr Gatz greift den Gedanken des Partymachens auf und führt hin zu Mehrzweckräumen und Mehrzweck-Hallen. Er zitiert einen Lehrer aus dem Studium: „Mehrzweck ist weniger Zweck“. Was heißt das? Wenn die Funktion eines Raumes vielfältig wird, gewinnt sie zunächst an praktischen Möglichkeiten. Der Raum in seiner Ausprägung verliert und muss verlieren.
Welche Nutzung ist für die Kirche geplant? Gottesdienste, Konzerte, Kinderfeste, … ?
Herr Gatz zitiert einen Beitrag im Vorfeld der Veranstaltung: Die Kirche muss ein Fernsehstudio sein können zur Aufnahme und Übertragung von Gottesdiensten auch nach der Corona-Zeit. Danach folgen mehrere Wortmeldungen:
- bei einem Neubau kann man die Technik wie beispielsweise Beamer und Scheinwerfer geschickt verstecken
- unsere Gemeinde definiert sich sehr über Musik, nicht nur Posaunenchor und weitere Chöre
- die Multifunktionalität für Konzerte haben wir im Moment, und das sollte erhalten bleiben
- ein Sakralraum soll auch unter der Woche da sein zum Hineinsetzen und Ruhe finden
Es wird gefragt, ob unter der Kirche Möglichkeiten bestehen wie beispielsweise ein Keller zur Entflechtung. Herr Gatz erläutert, dass das Budget sehr knapp ist und die Entwurfsgedanken von Beginn an bestimmen wird. Dadurch fällt ein Keller weg. Herr Gatz hat schon darüber nachgedacht, den bestehenden Keller als Lagerraum oder Spiellandschaft zu erhalten – dafür reicht das Geld nicht.
Der Kirchturm und die Glocken beschäftigen Herrn Gatz sehr. Der Verlust des Kirchturmes wäre ein sehr schmerzlicher Einschnitt. In der Kalkulation von Herrn Arndt ist der Kirchturm bisher nicht berücksichtigt.
Erwartungen an Farbigkeit ("positiven Kitsch") wird man versuchen müssen, in den Griff zu bekommen und darzustellen (farbige Fenster). Bei einem Engel an der Wand gibt es völlig unterschiedliche Assoziationen. Wir sollten dem Architekturbüro einen gewissen Anteil an Gedankengut zugestehen.
Herr Gatz erläutert, dass Kirche als Sakralbau ein Kraftort sein soll. Von dem, was wir in der Kirche machen, muss Kraft ausgehen. In einer Kirchengemeinde muss Kraft entstehen zum geistigen Leben, zum Zusammenleben mit dem Nächsten, zur Auseinandersetzung mit der Welt, … etwas bewegen zu wollen ist für Herrn Gatz ein wichtiger Gesichtspunkt.
Helmut Weiß vom Kirchbauverein merkt an, dass ein großes Informationsbedürfnis besteht. Er würde gerne die Rahmenbedingungen und den aktuellen Stand kennen, um die Phantasie spielen lassen zu können. Er fragt, ob aktuelle Grundstückseinteilungen dem Kirchbauverein zugänglich gemacht werden könnten. Herr Gatz antwortet (mit Augenzwinkern), dass er formal noch gar keinen Auftrag hat.
Ein Kirchbau bewegt einen Architekten jede Sekunde lang. Ein ganz wichtiger Punkt war die Begegnung heute – online und offline. Der Anker ist gelichtet, mit jeder Begegnung kommt „Wind in die Segel“.
Herr Gatz kündigt an, dass er in den nächsten Tagen in die planerische Umsetzung gehen kann (unter der Voraussetzung, dass ein Vertrag zustande kommt). Im Moment ist noch nichts Herzeigbares da.
Es wird auf die großen Anstrengungen hingewiesen, die die Gemeinde und der Kirchbauverein in den letzten Jahren erbracht hat, und dass die Finanzierung noch immer nicht in trockenen Tüchern ist. Dies bedarf der Klärung, bevor die Parole „es geht los“ ausgegeben wird.
Herr Arndt erläutert, dass Grundstücksverkauf und Architekturentwurf parallel laufen müssen, ohne alle Teilaspekte zu kennen. Er teilt die Sicht, dass wir noch nie so weit waren wie jetzt.
Die Ergebnisse der Gemeindeversammlung sollen dazu dienen, die Besonderheiten und Vorlieben der Lainecker Gemeinde herauszufinden. Herr Arndt hat nun ein viel deutlicheres Gefühl für die Lainecker Gemeinde. Das gegenseitige Interesse an der Arbeit und das gegenseitige Nachfragen ist gerade der Charakter der Lainecker Gemeinde.
Pfrin. Memminger möchte noch einmal auf den Namen Epiphanias (Erscheinung) hinweisen. Licht und Gott kommen, aber auch Gemeindemitglieder dürfen da sein und den Heiligen Geist erleben, traurig sein, fröhlich sein, feiern mit Tischen. Es ist eine sehr gern feiernde und musikalische Gemeinde, die nur gerade ausgebremst ist wegen Corona.
Herr Gatz verspricht allen, die auf die ersten Striche warten, dass er sehr bald im neuen Jahr die ersten Gedanken präsentieren kann. Die Gemeinde möge sich die Form der Präsentation überlegen.
Pfrin. Memminger schließt die Versammlung mit einem Gebet und einem Segen.