03.05.2015 Pfr. Lindner: Konfirmation

Psalm 139, 13-16

13 Du hast mich geschaffen mit Leib und Geist, mich zusammengefügt im Schoß meiner Mutter.
14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; einzigartig sind deine Werke; das erkennt meine Seele.
15 Ich war dir nicht verborgen, als ich im Dunkeln Gestalt annahm.
16 Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren aufgeschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war. Herr, wie genial hast du alles ausgedacht.


Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat.
Römer 15,7

Liebe Konfirmandinnen, liebe Konfirmanden,

ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir uns zum ersten Mal im Juli vor einem Jahr trafen. Was mir gleich auffiel: ihr seid eine wirklich sehr unterschiedliche Gruppe. Schon rein äußerlich. Da stand Pascal vor mir, groß und kräftig wie ein 18jähriger und ich fragte ihn: was suchst du denn hier? Er gab mir zur Antwort: ich bin Ihr neuer Konfirmand. Unterschiede gibt es nicht nur bei den Größen, sondern auch in euren Typen. Da ist wirklich fast alles zu finden, von sportlich bis bequem, von lässig bis sehr elegant, von ruhig bis wepsig, von scharfsinnig bis ängstlich zurückhaltend usw.

Ich habe euch inzwischen alle gut kennen gelernt. Jeder von euch ist ein ganz besonderer Mensch, jeder hat eigene Fähigkeiten, jeder von euch ist einzigartig. Ich mag euch und ich denke, Gott schätzt euch noch mehr.

Allerdings seid ihr nicht so ganz einfach. Das haben wir besonders auf den Freizeiten gemerkt, als es darum ging, euch in den Vierbettzimmern unterzubringen. Ich mache schon seit 30 Jahren Konfifreizeiten. Doch das habe ich so noch nicht erlebt.

Wir kamen echt ins Schwitzen und meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen setzen mich etwas unter Druck, doch jetzt endlich einmal durchzugreifen und die Konfis nicht wie lauter kleine Prinzen und Prinzessinnen zu behandeln.

Wir haben dann schon einen Weg gefunden. Doch ich spürte, dass euch unser Bibelvers schwer fällt: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat.“

Bei einigen passten eher die Sprüche: „Mit der oder dem möchte ich nichts zu tun haben, mir ist es nicht möglich, mit der in einem Zimmer zu schlafen, das geht einfach nicht.“

Ich bin sehr froh, dass sich das inzwischen gebessert hat und wohl auch die Freizeiten einiges bewirkt und Vorurteile ausgeräumt haben.

1. Sich selbst annehmen

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass andere annehmen damit anfängt, dass ich mich selbst annehmen kann. Denn nicht selten lehne ich andere ab, weil ich mich selbst nicht leiden kann. Und wie oft bekämpfen wir unsere eigenen Schwächen bei unseren Mitmenschen.

Ich kann mich erinnern, wie ich als Jugendlicher öfters in den Spiegel geblickt habe und mich einfach hässlich fand. Es gab auch Zeiten, da fühlte ich mich wie der letzte Dreck, ungeliebt und unverstanden.

Besonders jungen Menschen fällt es schwer, sich selbst anzunehmen mit allen Defiziten, die jeder von uns erkennt. Wie oft schämen wir uns und verstecken das, was uns an uns nicht gefällt. Wie sehr fürchten wir den Spott unserer Altersgenossen, die unsere Schwächen wahrnehmen.

Mir hat da mein Glaube sehr geholfen. Ich habe schon als junger Mensch der Bibel vertraut. Und sie macht mir deutlich, dass Gott mich wunderbar ausgedacht hat und dass er mich so gemacht hat, wie ich bin - ja, dass er auch ganz bewusst bestimmte Defizite in mein Leben gelegt hat, unter denen ich manches Mal heftig leide. Ich brauche mich nicht mehr mit anderen zu vergleichen. Ich brauche auch nicht ständig anderen zu zeigen, wie gut ich bin und dass ich vieles besser kann als andere. Ja, ich brauche das nicht mehr zu verstecken, was ich nicht so gut kann, sondern kann mich dazu bekennen. Ich kann mich so annehmen, wie mich Gott gemacht hat.

Und unser Bibeltext sagt sogar: er hat mich wunderbar gemacht – eben wunderbar auf meine Weise, denn jeder von uns ist einmalig, einzigartig und unvergleichlich. Ich bin wunderbar, trotz meiner 1000 Defizite und Schwächen. Ich bin wunderbar, weil Gott mich geschaffen hat, wie ich bin.

Dabei habe ich immer wieder beobachtet, dass Menschen, die augenscheinlich viele Defizite und vielleicht auch Behinderungen haben, sich oft besser annehmen können und mit sich glücklicher sind, als Menschen, die besonders tolle Fähigkeiten mitbekommen haben.

Ich möchte z.B. nicht in der Haut von manchen Stars stecken, die wir oft in der Zeitungen sehen und die wir bewundern mit ihren besonderen Gaben und Talenten oder auch mit ihrem Aussehen. Ich frage mich, sind sie wirklich glücklicher als ich? Oder stehen sie nicht vielmehr ständig unter dem Druck der Öffentlichkeit, oder unter dem Druck, sich beweisen zu müssen? Können solche Stars auch beten: „Ich danke Dir Gott, dass ich wunderbar gemacht bin“?

Das wünsche ich Euch jedenfalls, wenn ihr heute Gott euer Ja gebt, dass ihr auch sein Wort annehmt und sprecht: „Danke Gott, dass du mich auf meine Weise wunderbar gemacht hast!“

2. Den anderen annehmen wie Christus

Wenn wir es nun schaffen, uns selbst von Gott her zu sehen und anzunehmen, dann wird es uns auch leichter fallen, unseren Predigttext umzusetzen: Nehmt einander an, wie Christus uns angenommen hat.

Wie sieht denn Jesus Christus die Menschen? Wenn er einen Menschen sieht, dann sieht er dahinter den Schöpfer, der ihn gemacht hat. Ja, Gott der Vater leuchtet durch jeden Menschen hindurch. Und Jesus sieht auch das Herz des Menschen, das unruhig ist, bis es in Gott Ruhe findet. Jesus sieht also den Menschen mit den Augen des Vaters. Deshalb kann er jeden Menschen annehmen, schließlich ist er ein Gedanke des Himmels. Wenn er einen einzigen verachtet, dann würde er damit den Vater verachten, der ihn geschaffen hat.

Mir tut das im Herzen weh, wenn ich zufällig mitbekomme mit welchen Schimpfworten ihr euch begegnen könnt, Worte die andere erniedrigen und demütigen. Ich habe mal in Google die beliebtesten Schimpfwörter herausgesucht (und dabei die obszönen weggelassen). Monsterbacke, Evolutionsbremse, Teflongesicht, Fettgondel. Mir ist schon bewusst, dass ihr sie oft nur aus Spaß verwendet – trotzdem sind sie demütigend und verachten auch Gott, den Schöpfer.

Doch wenn ihr begriffen habt, dass Euer Gegenüber ein Geschöpf Gottes ist, das Gott auf seine Weise wunderbar gemacht hat, dann werdet ihr euch solche Worte nicht mehr an den Kopf werfen, denn ihr wisst, damit trefft ihr auch den Vater im Himmel, der diesen Menschen gemacht hat. Denn Gott hat keine Monsterbacke geschaffen, sondern einen einzigartigen Mitmenschen. Er hat sich auch kein Teflongesicht ausgedacht, sondern einen Menschen, den es so nur ein einziges Mal gibt und der einmalig ist.

3. Jesus ist Vorbild und er gibt uns Kraft

Doch ich weiß, dass das schwer ist. Auch für Jesus war das schwer. Vor allem dann, wenn man abgelehnt wird, trotzdem den anderen anzunehmen.

Was hat Jesus in solchen Situationen getan? Er hat um Kraft gebetet. So hat er zum Beispiel auch für die Menschen gebetet, die ihn ans Kreuz geschlagen haben: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Das waren seine Worte am Kreuz. Denn auch seine Mörder waren in den Augen Jesu Geschöpfe des Vaters.

Liebe Konfirmanden, heute bekennt ihr euch zu diesem Jesus Christus, der auch für seine Todfeinde gebetet hat. Ja, der sie gesegnet hat und ihnen Gutes gewünscht hat.

Zu diesem Jesus sagt ihr heute Ja. Auf eurem Kreuz, das ich euch dann umhänge, ist dieser Jesus als Lamm Gottes mit einer Siegesfahne abgebildet. Jesus hat uns gezeigt, dass dieses Leben auch immer mit Leiden verbunden ist, aber wenn wir ihm nachfolgen, dann tragen wir am Ende die Siegesfahne.

Mit seiner Begleitung wird sein Segen mit euch gehen und ihr werdet ein Segen für eure Familien sein.

Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat. Wenn ihr jetzt als frisch Konfirmierte in die Welt geht und versucht, das nur ansatzweise umzusetzen, dann werdet ihr eure Welt verändern und sie wird etwas heller.

Amen.